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Kalaf, der Tiegerfürst
Es war einmal eine Theatergruppe, die hatte lange keinen Ausflug mehr gemacht. Deshalb entschloss sie sich nach vielen Jahren im August 1998 zu einer einwöchigen Kanutour auf der Altmühl aufzubrechen. Und dort geschah etwas sehr Verwunderliches. Im Übermut des Paddelschwingens quoll es Elke und Victoria wie eine himmlische Melodie zwischen den Lippen hervor: "Wir sind das Gute-Laune-Boot!" Damit war klar, unser nächstes Stück muss ein Seefahrer-Stück sein, vielleicht noch ein Märchen.
Da kam eigentlich nur eines in Frage, das schon seit einigen Jahren auf der Liste der Spielvorschläge steht: Kalaf - der Tigerfürst. Hinter diesem Titel vermutet wohl niemand einen Stoff aus ehrwürdigen Theaterdichterfedern. Tatsächlich aber formte Thomas Heinemann vom Würzburger Theater am Neunerplatz, von dem wir zum dritten Mal einen Spieltext auf die Bühne brachten, aus der bekannten Geschichte um die eigenwillige Prinzessin Turandot ein maßgrechtes Stück für Kinder. die Vorlagen von Carlo Gozzim Friedrich Schiller und Giaccomo Puccini sind für den Theaterkenner unschwer zu erkennen. Und das nicht nur, weil im Personal des Stücks Figuren mit ähnlichen Namen auftauchen, wie z.B. der Herold Giacco Pucci (Jens Gärtner, 8b; Peter Hartmann, 9a), der in einer Tonne über die Südsee gleitet und für sein überaus getupfte Prinzessin Turandot (Julia Lindner, K12; Susanna Kochskämper, K13) Prinzen anwirbt. Er trifft dort Kalaf (Christian Römmelt, K12; Peter Hadwiger, K13), den gestreiften Tigerfürsten, mit seinen Bediensteten Carlo (Matthias Berthold, 8b; Carsten Böhm, 10c) und Frl:Gozzi (Stefanie Schwab, 9c; Regina Menth, 9c). Der Prinz, der gerade ein wenig nichts zu tun hat, weil er wegen übermäßiger Spielerei sen Königreich fluchtartig verlassen musste und in seinem Boot durch die Südsee dümpelt, könnte eine Prinzessin mit Königreich gut gebrauchen. Außerdem gäbe es im Rahmen der Bewerbung ein größeres Festmahl für alle Beteiligten, was angesichts der aufgebrauchten Vorräte einen nicht uninteressanten Nebenaspekt darstellt. Aber nicht nur seine Getreuen, die Nixe Adelma (Katharina Lindner, 8b; Marianne Wondrak, K12), die auftaucht um die Verhungernden vor dem Schlimmsten zu bewahren, halten diese Absicht für unvernünftig und gefährlich: die einen, weil es bei der Bewerbung drei Rätsel zu lösen gilt, die so schwer sind, dass sie bisher noch keiner lösen konnte, die andere, weil sie schneidige Prinzen selbst nicht uninteressant findet. Exkurs zum besseren Verständnis von Carlo und Frl.Gozzi: Wer die Rätsel nicht löst, wird der sprechenden Insel Altoum (Kerstin Baumann, 9b; Martina Schmitt, K12), dem Wohnort der herrzosen Prinzessin und ihrer Dienerin Selima (Sarah Angerer, 7d; Stefanie Lazarek, 8b), zum Fraß vorgeworfen. - Da taucht, wie aus dem Nichts, die Prinzessin am Horizont auf, und, Vernunft hin oder her, den Prinzen packt die Liebe. Er ist nicht mehr aufzuhalten und nach der Pause kann sich der Zuschauer daran erfreuen, wie er zuerst die Rätsel löst, dann nicht von der Prinzessin genommen wird, weil er in Wirklichkeit gestreift ist, anschließend die Prinzessin aber von einem Gegenrätsel überzeugen kann, wobei sie seinen Namen herausfinden muss, was ihr mit Hilfe der Nixe Adelma auch gelingt, weil sich der Prinz der gegenüber verquatscht, woraufhin er sich selbst der Insel Altoum zum Fraß vorwerfen will, was wiederum bewirkt, dass sie ihm - nicht nur aus Mitleid und Respekt! - doch zum Gatten nimmt, worauf alle anderen Figuren des Stücks sich gegenseitig heiraten und selbst die Insel Altoum nach einer netten Inselin in der Südsee suchen will, was dazu führt, das das Stück zu Ende ist. Also, wie jeder sehen kann, ein exzellenter Märchenstoff - aber nicht ohne Zeitbezug! Denn in der Tiefe des Stücks entdeckt der unbestechliche Theaterkritiker eine unübersehbare Reihe aktueller Fragen: Das Problem der Liebe, der Treue, der Ehrlichkeit, der Verlässlichkeit, der Verliebtheit, die Bedeutung der Zugehörigkeitzur gestreiften oder gepunkteten Rasse des Menschengeschlechts, des richtigen Vorrathaltens bei Seereisen, die Gestaltung des Lebens in einer Reihenmuschelsiedlung, die Vorliebe von Schwiegermüttern für Algenkaffee, die Stereotyie von Gameshows, die Sinnlosigkeit von Soaps, um nur ein paar Themenkreise anzuschneiden. Um die Tiefenschicht nicht verloren gehen zu lassen, fügten wir, nach dem Vorbild des Chors in der griechischen Tragödie (wir sind schließlich auch ein humanistisches Gymnasium!), das Gute-Laune-Boot (Lisa Röske, 8b; Nina Müller, K13; Elke Steinbrenner, K13; Victoria von Schultzendorff, K13) und einige andere Songs ein. Die Musik schrieben und spielten MArkus Binzenhöfer und Hartmut Heuler ein, die seit vielen Jahren immer wieder ihre unüberhörbaren musikalischen Spuren in den Stücken des Theater K hinterlassen haben.
Und wenn sie nicht gestorben siind, dann trällern bestimmt noch heute die Kinder und Eltern, die unsere Aufführungen, teilweise sogar mehrmals, gesehen haben, die Songs vom Gute-Laune-Boot.